http://www.agrarbericht-2020.bayern.de/landwirtschaft-laendliche-entwicklung/herausforderungen-in-der-nutztierhaltung.html

Herausforderungen in der Nutztierhaltung

Rinderhaltung

In der Rinderhaltung stehen freie Bewegung und das Ermöglichen natürlicher Verhaltensweisen an vorderster Stelle der Anstrengungen für mehr Tierwohl. Moderne, großzügige Laufställe mit verschiedenen Funktionsbereichen (Liegen, Laufen, Fressen, Melken) können diese Anforderungen erfüllen. In Bayern mit seiner bäuerlichen Familienbetriebsstruktur hatten Ende 2019 noch ca. 40 % der LKV-Betriebe ihre Kühe in Anbindehaltung. Der Anteil der dort gehaltenen Kühe in Anbindung lag jedoch nur noch bei ca. 20 % (Quelle: Landeskuratorium der Erzeugerringe für tierische Veredelung in Bayern e. V., LKV). Die Umstellung der Betriebe auf Laufstallhaltung, aber auch der kontinuierliche Strukturwandel durch Aufgabe der Milchviehhaltung, vor allem bei kleineren Betrieben mit Anbindehaltung, erhöhen stetig den Anteil der Tiere in tierwohlgerechteren Haltungsformen. Bayern unterstützt die bereits von der Branche initiierte Kombinationshaltung, die den Kühen in Anbindehaltung zeitweise Bewegungsmöglichkeiten (Weide, Laufhof, Laufbucht) bietet. Über die Einzelbetriebliche Investitionsförderung (EIF) werden Betriebe bei der Umstellung zur Laufstallhaltung gefördert. Kleinere Baumaßnahmen zur Umstellung auf Laufstallhaltung oder Kombinationshaltung sind in einem vereinfachten Verfahren über das Bayerische Sonderprogramm Landwirtschaft (BaySL) förderfähig. Die Umstellung hin zur tierfreundlichen Laufstallhaltung wird allerdings in Einzelfällen durch emissions- und baurechtliche Regelungen gebremst.

Schweinehaltung

Die sich stetig verschärfenden Rechtsvorgaben stellen insbesondere die relativ kleinstrukturierte, bäuerlich geprägte Ferkelerzeugung in Bayern vor große Herausforderungen. Nach der 2013 notwendig gewordenen Umstellung bei tragenden Sauen auf Gruppenhaltung musste 2016 das Platzangebot in der Ferkelaufzucht erhöht werden. Die Auswirkungen auf die Struktur der Ferkelerzeugung waren erheblich.

Mit dem sogenannten Magdeburger Urteil zur Kastenstandhaltung von Sauen wurde ein übliches Verfahren zur Haltung von Sauen im Deckzentrum für nicht mit der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in Einklang stehend erklärt. Für den Erhalt der bäuerlichen Strukturen in der bayerischen Ferkelerzeugung sind praxisgerechte, langfristige Lösungen mit ausreichender Rechts- und Planungssicherheit erforderlich.

Im Hinblick darauf, dass die betäubungslose Kastration ab 1. Januar 2021 verboten ist, müssen sich die Schweinehalter zusammen mit ihren Abnehmern auf ein Alternativverfahren (Jungebermast, Immunokastration, Kastration unter Vollnarkose) festlegen. Mittlerweile wurde die Ferkelbetäubungssachkundeverordnung (FerkBetSachkV) verabschiedet. Damit wird es den Ferkelerzeugern ermöglicht, die Inhalationsnarkose mit Isofluran (nach Lehrgang und Prüfung) selbst durchzuführen.

Um einen Strukturbruch in der Ferkelerzeugung zu vermeiden und die bäuerlichen Betriebsstrukturen zu erhalten, wurden in Bayern die Fachzentren Schweinezucht und -haltung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten beauftragt, den Schwerpunkt ihrer Beratung auf die Ferkelerzeugung zu legen. Darüber hinaus unterstützt Bayern weiterhin Investitionen im Bereich der Ferkelerzeugung mit den nach Agrarinvestitionsförderprogramm höchsten Fördersätzen von 35 % Zuschuss. Ziel ist es, den schweinehaltenden Betrieben, insbesondere den Ferkelerzeugern, verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit zu bieten und so ein Abwandern der Erzeugung ins Ausland zu verhindern.

Geflügelhaltung

Die bayerischen Legehennenhalter hatten sich bereits im Juni 2015 mit Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rolle der Tierhaltung und zur Verbesserung des Tierwohls in der bayerischen Landwirtschaft“ dazu verpflichtet, den Verzicht auf die Schnabelbehandlung in Praxisbetrieben zu erproben. Seit über einem Jahr wird aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung zwischen der Geflügelwirtschaft und dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft auf das Kupieren der Schnabelspitze bei den Lege-Küken verzichtet. Legehennen mit unbehandeltem Schnabel müssen sorgfältig beobachtet und intensiv beschäftigt werden (z. B. mit Picksteinen, Sandbademöglichkeiten, Heuraufen), um Federpicken oder gar Kannibalismus zu vermeiden. Für die Tierhalter bedeutet das einen zeitlichen und finanziellen Mehraufwand.

Bei Puten liegen noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die einen Verzicht auf die Schnabelbehandlung erlauben würden. Am staatlichen Versuchsgut für Geflügel- und Kleintierhaltung in Kitzingen wurden Verfahren getestet, die den natürlichen Schnabelabrieb beschleunigen. Die Häufigkeit und Intensität von Pickverletzungen bei nicht schnabelkupierten Puten konnten dadurch leicht reduziert werden. Für einen praxistauglichen Einsatz reichen diese Ergebnisse leider noch nicht aus.

Alternativen zum Töten männlicher Küken von Legerassen sind die Aufzucht der Bruderhähne, die Geschlechtserkennung im Ei und das Zwei-Nutzungs-Huhn. Derzeit liegt der Fokus der großen Brütereien auf der Geschlechtserkennung im Ei; das Verfahren steht kurz vor der Praxiseinführung. Im Öko-Landbau wird dagegen die Mast von Bruderhähnen über einen Mehrpreis für die Eier unterstützt. Zudem wird intensiv an der Weiterentwicklung der Zwei-Nutzungs-Hühner im Öko-Landbau gearbeitet.